Was bedeutet eine erhöhte Infektanfälligkeit?


Etwa zwei bis drei Erkältungen im Jahr sind durchaus üblich, Kleinkinder trifft es sogar noch öfter. Sie leiden im Durchschnitt sechs- bis zehnmal pro Jahr an einem grippalen Infekt, wie die fachmännische Bezeichnung lautet.1 Treten die Beschwerden jedoch häufiger auf oder verlaufen deutlich schwerer, sprechen Mediziner von einer erhöhten Infektanfälligkeit. Betroffene werden immer wieder von unangenehmen Erkältungssymptomen wie Husten, Schnupfen und Halsschmerzen geplagt und durch diese in ihrem Alltag beeinträchtigt.

Normalerweise besitzt unser Körper einen ausgeklügelten Mechanismus, um Krankheitserreger wie Erkältungsviren effektiv zu bekämpfen – das Immunsystem. Es erkennt die Eindringlinge, zerstört sie und baut zudem ein "Gedächtnis" auf, damit bei einem erneuten Kontakt mit dem gleichen Erreger, eine schnellere, gezieltere Abwehr erfolgen kann. Ist das Immunsystem aber geschwächt, erfahren Krankheitserreger weniger Widerstand. Betroffene sind anfälliger für Erkältungen und andere Erkrankungen wie Magen-Darm-Infekte.

Störungen im Lymphsystem als Ursache für häufige Infekte?

Ein Teil des Immunsystems ist das Lymphsystem, ein Netzwerk, das den gesamten Körper durchzieht. Es besteht aus der Lymphe (einer lebenswichtigen Körperflüssigkeit), verzweigten Lymphgefäßen sowie zwischengeschalteten Lymphknoten. Letztere filtern Stoffwechselprodukte und Krankheitserreger aus dem Gewebswasser.

Einige Quellen vermuten, dass eine Störung oder Stauung des Lymphflusses hinter einer hohen Infektanfälligkeit stecken könnte. Wissenschaftliche Studien, die diesen Zusammenhang bestätigen, existieren jedoch nicht.

Körperliche Faktoren beeinflussen das Immunsystem


Es gibt viele Ursachen, die das Risiko von Infekten beeinflussen können. Dazu gehört vor allem die körperliche Verfassung, die beispielsweise durch folgende Faktoren beeinträchtigt wird:2

  • Genussmittel (etwa Alkohol oder Nikotin)
  • Schlaf- oder Lichtmangel
  • eine unausgewogene Ernährung
  • hohes Lebensalter
  • Stress (zum Beispiel durch Überforderung im Beruf oder Alltag)3
  • Umweltbelastungen (beispielsweise Abgase)4

Zu beachten ist außerdem, dass es Phasen gibt, in denen vermehrt Krankheitserreger zirkulieren und sich besonders viele Menschen mit Viren infizieren. Die Wahrscheinlichkeit sich anzustecken ist umso größer, je mehr Kontakt zu anderen Menschen besteht. Daher leiden beispielsweise Erzieherinnen besonders häufig an Erkältungskrankheiten.5

Fühlen sich Patienten ständig schlapp oder müssen sogar das Bett hüten, sollten ebenfalls Störungen und Erkrankungen des Immunsystems beziehungsweise Medikamente als Ursachen in Betracht gezogen werden. Vor allem sogenannte Immunsuppressiva (beispielsweise Glukokortikoide oder Zytostatika) unterdrücken die vom Immunsystem ausgehenden Abwehrreaktionen. Sie sind nach Organtransplantationen, bei bedrohlichen Autoimmunerkrankungen oder Allergien notwendig.6

Selten steckt ein Immundefekt dahinter


Wie wichtig das Immunsystem ist, bemerken wir erst, wenn es nicht mehr richtig arbeitet. Es kann ein kompletter oder teilweiser Ausfall des Immunsystems vorliegen. Mediziner sprechen von einem Immundefekt, wobei zwischen der primären und sekundären Form unterschieden wird:7

  • Primäre Immundefekte sind angeboren, das heißt sie beruhen auf Veränderungen im Erbgut. Zudem ist das Immunsystem auch bei den meisten schweren Erkrankungen wie der Trisomie 21 (Down-Syndrom) beeinträchtigt. Glücklicherweise treten diese sehr selten auf.
  • Sekundäre Immundefekte werden im Lauf des Lebens erworben, zum Beispiel infolge einer schweren Erkrankung wie Leukämie (Blutkrebs) oder einer HIV-Infektion. Ob die Immunschwäche vorübergehend ist oder dauerhaft bestehen bleibt, hängt von der Grunderkrankung ab.

Während der primäre Immundefekt meist bereits im Kindesalter sichtbar wird, tritt die sekundäre Form in der Regel erst im Erwachsenenalter auf.7 In beiden Fällen kann das Immunsystem jedoch eindringende Krankheitserreger schlechter bekämpfen und Betroffene sind öfter krank. Neben häufigen grippalen Infekten leiden einige Menschen mit einem Immundefekt auch unter einer Autoimmunerkrankung wie einer Schilddrüsenentzündung. In diesem Fall greift das Immunsystem eigentlich gesunde Körperzellen an.

Hinweise auf einen Immundefekt: 8

  • vermehrte (mindestens viermal im Jahr) oder länger anhaltende Infektionen der Luftwege (zusätzlich zu den Erkältungen)
  • häufige Durchfälle
  • wiederkehrende Herpes-Infektionen
  • schwere Infekte (beispielsweise Gehirnentzündung, wiederholte Lungenentzündung, Gehirnhautentzündung, Abszesse)
  • bleibende Pilzinfektionen der Haut oder Schleimhaut
  • chronische Müdigkeit und grippeähnliche Beschwerden (ausgeprägtes Krankheitsgefühl, Gliederschmerzen)
  • häufig erhöhte Körpertemperatur (über 37,5 Grad Celsius)

Mögliche Komplikationen einer Erkältung bei Immunschwäche


Personen, die ein geschwächtes Immunsystem haben, müssen besonders darauf achten, sich nicht mit einer Erkältung anzustecken. Arbeitet das Immunsystem nicht richtig, können sich schnell Folgeerkrankungen entwickeln, die womöglich einen schweren Verlauf nehmen. Dazu gehören zum Beispiel:

Zudem ist das Risiko, sich einen zusätzlichen Infekt mit Bakterien einzufangen, erhöht. Eine solche Sekundär- oder Superinfektion ist meist mit schwerwiegenderen Symptomen verbunden. Sie dauert zudem länger als eine gewöhnliche Erkältung und erfordert meist eine medikamentöse Behandlung (zum Beispiel mit Antibiotika) durch einen Arzt.

Halten die Beschwerden lange an oder treten Symptome wie Fieber auf, sollten Sie deshalb unbedingt einen Arzt aufsuchen. Unter Umständen handelt es sich auch nicht um eine Erkältung, sondern um eine Grippe, die bei Menschen mit Immunschwäche schwerwiegende Komplikationen zur Folge haben kann.

Ständig erkältet – an welchen Arzt sollten Sie sich wenden?

Gab es bereits Fälle von Immundefekten in der Familie können bereits pränatale (vorgeburtliche) Tests durchgeführt werden, um diese festzustellen. Leiden kleine Kinder übermäßig oft an einer Erkältung, sollten Eltern unbedingt einen Kinderarzt darüber informieren. Oftmals stellt dieser mitunter begleitende Auffälligkeiten, zum Beispiel eine verzögerte Entwicklung, fest.9

Erwachsene, die sehr häufig krank sind, setzten am besten zunächst ihren Hausarzt davon in Kenntnis. Er wird Betroffene gründlich untersuchen, nach möglichen Risikofaktoren und Erkrankungen befragen und unter Umständen dann an weitere Spezialisten wie Immunologen verweisen.

Tipps zur Vorbeugung: So sind Sie nicht mehr ständig erkältet


Patienten mit einer Immunschwäche müssen sich vor der Ansteckung mit Erkältungsviren besonders schützen. Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören:

  • Hygieneregeln: Achten Sie darauf, regelmäßig und gründlich ihre Hände mit Seife zu waschen – etwa 20 bis 30 Sekunden.10
  • Nicht mit den Händen ins Gesicht fassen: Berühren Sie Mund, Nase und Augen nicht mit ungewaschenen Händen. Auf diesen befinden sich unter Umständen Viren, die dann leicht in den Körper eindringen können.
  • Abstand halten: Versuchen Sie vor allem im Herbst und Winter, wenn die Erkältung Hochkonjunktur hat, erkrankten Personen nicht zu nahe zu kommen. Denn durch Körperkontakt oder auch nur körperliche Nähe können die Erreger zum Beispiel mit den Tröpfchen beim Niesen oder Husten in den Organismus gelangen und sich dort ausbreiten. Statt die Hand zu geben, können Sie auch freundlich Grüßen.

Des Weiteren lässt sich das Immunsystem auch durch regelmäßiges Saunieren und Wechselduschen trainieren. Zudem sollten Sie sich gesund und ausgewogen Ernähren, viel bewegen und auf ausreichend Schlaf achten.

Bemerken Sie trotz der Vorsichtsmaßnahmen, dass sich ein kratzendes Gefühl im Hals oder eine laufende Nase ankündigen, beginnen Sie sogleich mit einer entsprechenden Behandlung. Oftmals können bereits Hausmittel zur Linderung von Erkältungssymptomen beitragen und den Verlauf positiv beeinflussen.

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